Ich bin Mitte 30. Ich steh auf Männer. Und ich liebe Kinder. Seit nun bald acht Jahren hatte ich keine wirklich ernstzunehmende Beziehung mehr. Und hey, ganz ehrlich, das ist völlig ok. Denn ich gehöre zu diesen Frauen, die einfach gerne mit sich alleine sind. Die in einer Beziehung zumeist unzufriedener sind, als ohne. Die gerne ihre eigene Wohnung ganz für sich alleine haben. Die abends nach der Arbeit ihre Ruhe haben wollen und mit niemanden sprechen möchten. Und die – ja, es ist wirklich so – keine Kinder wollen. Weil einfach kein Bedürfnis nach einem eigenen Kind da ist. Und weil mir vielleicht andere Dinge in meinem Leben wichtiger sind, wie zum Beispiel das Reisen, Schreiben, meine Arbeit, meine Freundinnen.
Natürlich geht es hier um ein Thema, das ich schon oft und über Jahre hinweg analysiert habe, um dann irgendwann meine eigene Entscheidung zu akzeptieren und nicht zuletzt zu respektieren. Alles tutti also, sollte man meinen. Wäre da nicht diese Gesellschaft. Denn selbst in unserem achso modernen Deutschland gibt es nach wie vor ein recht festgezurrtes Frauenbild, welches besagt, dass du nur mit Freund, oder am besten Ehemann und Kind vollständig bist. Von kleinauf wird uns das eingetrichtert. Zwar weiß ich nicht, was in heutigen Kindergärten als populär gilt, doch zu meiner Zeit war Mutter, Vater, Kind sicherlich eines der beliebtesten Rollenspiele in der Spielecke. So etwas muss ja prägen. Und wenn ich nun sage, dass ich mir nicht vorstellen kann, Kinder zu bekommen, ernte ich zumeist mitleidige Blicke, noch viel öfter folgt der Satz „Warte bis der Richtige kommt“. Doch zum Einen glaube ich nicht an DEN Richtigen, denn ich denke, dass jeder der wirklich eine Beziehung will, jemanden findet und im Zweifelsfall einfach bereit ist, einige Kompromisse einzugehen. Und zum Anderen will ich doch nicht automatisch ein Kind, wenn ein Mann in mein Leben tritt. Auch nicht mit 34.
Nur um das nochmals klarzustellen: Kinder sind der Wahnsinn. Für mich geht die Sonne auf, wenn ich ein Kind sehe. Ich lächle jedes kleine Mädchen und jeden kleinen Jungen auf der Straße an und sie lächeln zurück. Und sie lieben mich – fast ausnahmslos. Man könnte mich fast als Kinderflüsterin bezeichnen. Ich will Kinder in meinem Leben haben, für Stunden, meinetwegen auch Tage. Ich freue mich für jede meiner Freundinnen, die ein Kind bekommt wie bekloppt und melde mich freiwillig zum Babysitting. Das Feindbild der kinderhassenden Single-Schrulle trifft auf mich also wahrlich nicht zu. Und trotzdem will ich kein eigenes. Es ist einfach so und je älter ich werde, desto überzeugter bin ich von meiner Entscheidung. Dabei bin ich auch nicht die einzige, sondern habe Freundinnen, die genauso oder ähnlich ticken.
Doch wird es irgendwann aufhören, dass man über uns denkt, etwas mit uns sei falsch? Dass man uns voller Mitleid betrachtet und versucht uns gut zuzureden? Wird man unsere Lebensentscheidung irgendwann als völlig normal ansehen? Ein Mann, der kein Bedürfnis nach Familiengründung verspürt, wird doch auch nicht angefeindet, oder? Er ist halt der lonesome Cowboy, der seine Freiheit braucht oder auf die Karriere fixiert ist. Oder eben beides. Mitleid erntet er für seinen Lebensstil aber selten, Feindseligkeit ihm gegenüber gibt es so gut wie nie.
Soeben fällt mir noch eine kleine Anekdote aus dem letzten Sommer ein: ich sitze im Zug in Mailand, neben mir ein Deutsch-Albanisches Paar. Wir unterhalten uns bestimmt eine halbe Stunde sehr nett, bis wir irgendwann zu dem Thema Arbeit kommen und ich über meine Freiberuflichkeit berichte. Die Frau schaut mich nachdenklich an und meint: „Das ist ja jetzt alles schön und gut. Aber was ist wenn Sie irgendwann Kinder haben? Dann brauchen Sie doch finanzielle Sicherheit.“ Ich gebe ihr Recht, sage aber auch, dass ich vermutlich gar keine Kinder haben möchte. Kaum ist der Satz ausgesprochen entgleiten ihr die Gesichtszüge. „Aber sowas können Sie doch nicht sagen. Jeder will Kinder. Das ist sehr egoistisch von Ihnen.“ Ihr Mann pflichtet ihr bei. Die letzten zehn Minuten der Bahnfahrt verbringen wir schweigend nebeneinander. Das Thema Familiengründung hat uns getrennt. Für die beiden bin ich nun eine skrupellose Egoistin. Das macht mich ziemlich nachdenklich, etwas wütend und ein kleines bisschen traurig, vor allem, weil sie nicht die einzigen sind, die so denken.
Lassen wir doch einfach jedem sein Leben, akzeptieren die Andersartigkeit der Menschen und freuen uns darüber, dass wir nicht alle identische Ziele verfolgen. Ich finde es absolut ok, dass Menschen nach einer stabilen sicheren Partnerschaft sowie einer gemeinsamen Wohnung suchen und Kinder zeugen. Genauso wünsche ich mir aber auch, dass meine Lebenspläne und –ziele akzeptiert werden. Ein Hoch auf die Toleranz.
Die Autorin Katharina ist Gründerin des Reise- und Lifestyle-Blogs Sonahundsofern. Dort schreibt sie aus vollster Leidenschaft heraus über ihre Reisen und ihre Ansichten, mit einem Fokus auf Solo-Travel. Außerdem gehört sie zum Team von Im Gegenteil. Außerdem ist sie Dozentin für Deutsch als Fremdsprache. Ihr Herz hängt einfach an Sprachen, Wörtern, Kulturen und allem, was dazu gehört. Noch mehr über sie erfahren könnt ihr hier.
Ein sehr guter Artikel, der aufzeigt, dass wir beim Thema Kinderlosigkeit wirklich mit zweiterlei Maß messen. Der Mann ohne Kinder bleibt unbehelligt, während der Frau unweigerlich ein Mangel an sozialen Eigenschaften attestiert wird. Ketzerisch könnte man schließlich auch den werdenden Eltern Egoismus unterstellen, wollen sich viele eben gerne reproduzieren, um ihrem Leben Sinn zu geben oder im Alter nicht alleine zu sein. Aber argumentativ wird man hier schwer weiterkommen, denn wie schon die Autorin ganz richtig feststellt, sähen wir diese Erwartungshaltung an Frauen bereits im Kindergarten. Es muss also ein großes, gesamtgesellschaftliches Umdenken geben, bevor Frauen ohne Kinder von ihren Mitmenschen genauso geachtet werden, wie ihre männlichen Pendants. Dafür braucht es Zeit. Und Artikel wie diesen. Danke dafür!