Hätte ich mich nicht dafür entschieden Kunstgeschichte und Philosophie zu studieren und mich im weitesten Sinne der Produktion von Kultur zu verschreiben, sondern statt dessen einen ‚ordentlichen’ Beruf gewählt, dann wären dafür verschiedenste Dinge in Frage gekommen. Bis auf ein paar Ausnahmen, war aber schon immer klar, dass ich gestalten und mich ausdrücken möchte. Ich hätte Köchin oder Designerin werden können. Oder: Architektin. Einer der großartigsten Berufe, die ich mir ausmalen kann. Ich machte sogar mal ein Praktikum.
Abu Dhabi Performing Arts Center by Zaha Hadid © TASCHEN
Die Begeisterung für die Arbeit von Architekten ist mir auch immer geblieben, nicht zuletzt, weil ich besondere Gebäude als belebbare Kunst empfinde, wie eine interaktive Installation. Der Einfluss, den Architekten dadurch auf unser aller Leben, auf unser Befinden und unser Gefühl von Freiheit haben, ist enorm und beeindruckend. Erstaunlich auch, wie sehr Architektur unsere Wahrnehmung von Städten und Ländern prägt und über unser Zusammenleben, gerade in Metropolen, bestimmt.
Wenn ich nun darüber nachdenke, welche großen Namen ich zu meinen Lieblingsarchitekten zähle, wird mir schmerzlich bewusst, dass dieser Zunft, die so viel Einfluss und Macht hat, kaum Frauen angehören. Frank Lloyd Wright, Oscar Niemeyer, Santiago Calatrava oder Buckminster Fuller: alles Männer.
via Zaha Hadid
Eine strahlende Ausnahme bildet, neben sehr wenigen anderen Frauen, Zaha Hadid, die britische Architektin mit irakischen Wurzeln. Kein Wunder also, dass sie viele Preise als erste Frau entgegennehmen durfte. Zum Beispiel den Pritzker Architecture Prize, der als Nobelpreis für Architekten angesehen wird. Mit ihrer Arbeit ist sie daher auch Vorbild für uns jüngere Frauen, die durch ihre Erfolge und Eigenständigkeit erkennen, dass es keine Grenzen mehr gibt, bzw. dass Optionen existieren diese zu überwinden.
Zaha Hadid © TASCHEN
Meine Lieblingsbauwerke von Hadid sind das Lois and Richard Rosenthal Center of Contemporary Art in Cincinatti, das Heydar Aliyev Cultural Center in Baku und das Messmer Mountain Museum Corones. Vor allem auch, weil diese Arbeiten zeigen, wie anschmiegsam Bauwerke sein können und sich damit perfekt ihrer Umgebung und ihrem Zweck unterordnen, ohne ihre Eigenständigkeit und Wirkmacht zu verlieren.
Hadid geht es in ihrer Arbeit nie ausschließlich um Selbstdarstellung und Expressivität, sondern auch um den Einfluss, den Architekten haben. In einem schönen Artikel auf dezeen über Hadid, stand ein Zitat von ihr, das dies unterstreicht: “However, for me there was never any doubt that architecture must contribute to society’s progress and ultimately to our individual and collective wellbeing,”.
Zaha Hadid © TASCHEN
Die gesammelten Werke Hadids von 1979 bis heute finden sich im gerade vom Taschen-Verlag neu aufgelegten und ergänzten Band: HADID, aus dem auch ein Großteil der Bilder in diesem Post stammen.