Meine Mutter ist ein großes und prägendes Vorbild für mich. In etlichen Artikeln, Posts und in Mamabeat schrieb ich darüber. Ich erläuterte die widrigen Umstände, denen sie sich als junge Studierende, als zeitweise Alleinerziehende und als Gründerin ausgesetzt sah und ich dankte ihr dafür sie überwunden zu haben. Ich feierte ihren Mut, ihre Beharrlichkeit und ihre Überzeugungskraft. Ich ging davon aus, dass meine Mutter als Vorbild mein Leben nachhaltig beeinflusste.
Dazu zählt meine Vorstellung von Gleichberechtigung innerhalb einer Beziehung genauso, wie meine Überzeugungen in Sachen Nachhaltigkeit, Kindererziehung und Durchsetzungsfähigkeit im Beruf. Meine Mutter war in vielerlei Hinsicht prägend für mein Bild von gelungener Emanzipation. Wahrscheinlich hätte ich mehr Zweifel gehabt früh Kinder zu bekommen, zu heiraten und dennoch meinem Beruf und meinen Leidenschaften nachzugehen, wenn sie mir diese Möglichkeiten nicht vorgelebt hätte.
In der letzten Woche wurde nun allerdings mein Horizont erweitert. Bei Frau TV sah ich diesen Bericht über den Einfluss von Vätern auf die Zukunft ihrer Töchter. Und ich war überrascht zu hören, wie relevant diese Beziehung nach neuesten Forschungsergebnissen für den Werdegang der Töchter ist. Es lohnt sich meiner Meinung nach für alle Eltern, sich den Bericht einmal anzusehen. Ich habe jedenfalls einiges gelernt.
Väter sind wegweisend für den Berufsweg und den Grad der Emanzipation ihrer Töchter. Eine feministische Mutter hilft nicht viel, wenn das Lebensmodell innerhalb der Familie dieser Theorie nicht entspricht und wenn der Vater den Töchtern nur die ‚Mädchen-Behandlung’ zu Teil werden lässt. In Strong Fathers, strong Daughters schreibt die Jugendtherapeutin Dr. Meg Meeker beispielsweise: „Väter vermitteln Töchtern einen Sinn für Stärke und eine große Menge Selbstbewusstsein”. Dafür müssen sie jedoch aktiv sein und die inneren Werte und Talente ihrer Töchter sehen und diese fördern. Wenn Väter glauben, dass ihre Töchter alles schaffen können, so wie auch ihre Söhne, dann glauben es auch die heranwachsenden Frauen und werden selbstbewusste Erwachsene.
Insofern ist es nun Zeit meinem Vater Danke zu sagen, dass er mich immer so behandelt hat, als könnte ich auch ein Junge sein. Auch wenn ich manchmal genervt war vom Autoschrauben und Fußballspielen, bin ich heute dankbar dafür. Mein Vater erachtete es als wichtig, dass ich Rad fahre, snowboarde und schwimme und brachte mir all das bei, wie unsportlich ich mich auch anstellte. Noch in der Grundschule lernte ich Löten, Reifen wechseln und Zündkerzen erkennen. Mein Vater erklärte mir, was ein Motherboard ist und wie man es wieder in den Computer schraubt. Bei ihm hatte ich die ersten Fahrstunden in alten Autos und auf großen Frontladern (auch wenn ich nie den Führerschein machte). Mit ihm war ich wild Campen in Polen, Motoradfahren im Allgäu und Computerspielen an der Uni. Dort zeigte er mir Heliumtanks, Silizium und wie Relais funktionieren.
Gleichzeitig war mein Vater da, wenn ich krank war und las mir tagelang Moby Dick vor oder sah mit mir Kriegsfilme wie Die Brücke an. Nie kam bei uns jemand auf den Gedanken, dass das nichts für Mädchen sei. Mein Vater kann gut kochen und hatte eigene Techniken zum Spülen von Milchflaschen entwickelt. Einen Knopf anzunähen oder Wäsche zu waschen, ging ihm so gut von der Hand, wie meiner Mutter. Gleichberechtigung wurde bei uns zu Hause nicht diskutiert, sie war da, auch wenn die Lebensansichten meiner Eltern nicht immer identisch waren.
Insofern ist es an der Zeit dies endlich genauso zu würdigen, und festzustellen, dass meine beiden Eltern mir gezeigt und vorgelebt haben, dass ich alles werden kann und darf, dass man Kinder und Beruf kombinieren kann, wie man möchte, und dass man sich von gesellschaftlichen Konventionen nicht abschrecken lassen sollte, wenn die eigene Entfaltung zur Debatte steht.
In meinem Fall bedeutet das nun endlich auch, dem Danke Mama! ein großes Danke Papa! hinterherzurufen.