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Wendewunder – starke Frauen in Ost und West

Ich lebe im Osten Deutschlands. In Berlin. Das zählt nicht so richtig, werden manche sagen, aber dennoch heißt der Kiosk hier Späti und das Schullandheim KiEZ. Am Süßwarenautomaten finden sich Knusperflocken und der Biohof liefert Soljanka. Hier gibt es Kinderbetreung für alle und arbeitende Frauen werden nicht so kritisch beäugt wie im Süden der Republik. Es ist anders. So, wie sich auch Nordfriesland von Hessen unterscheidet. Meine Freunde, Bekannten und Kollegen, leben im ganzen Land verteilt: in Hamburg und Jena, in München und Berlin, in Erfurt, Hildesheim, Leipzig und Sindelfingen. In Ost und West. Es herrscht Freizügigkeit. Jeder kann den anderen anrufen, wenn er möchte, ohne Grenzkontrollen hinfahren und frei über alle Themen sprechen. Die Wiedervereinigung ist Realität und trotzdem sind noch Unterschiede erkennbar. Ob wir wollen, oder nicht.

Erntehelferinnen Marienberg, Baumschule

Katja ist im tiefsten Osten, in Wolfen geboren, Svenja in Kassel, die Münsterländerin Julia lebt derzeit in New York und ich stamme aus dem Süden Deutschlands. Dass wir heute alle gemeinsam an einem Blog schreiben dürfen, der sich dem modernen Leben von Frauen widmet und ihrer freien Entfaltung Inspiration bieten soll, ist auch ein Verdienst der Wende. Ohne eine Öffnung der DDR, in welcher Form auch immer, wäre dies jedenfalls nicht möglich gewesen. Und auch manch eine Freundschaft, die ich seit Jahren innig pflege, wäre nicht existent.

Es ist normal geworden, dass Rentner aus Hessen in Görlitz leben, dass Jugendliche aus Halle in Westeuropa Erasmus-Semester absolvieren und dass sich in Büros Ostdeutsche, Westdeutsche, Zugezogene und Einwanderer der ersten, zweiten oder dritten Generation gegenüber sitzen und sich gleichermaßen und zu Recht als Berliner empfinden.

Natürlich sollten wir trotz all der schönen Nachrichten 25 Jahre nach der Einheit nicht aufhören uns Gedanken zu machen, wie wir Schieflagen ausgleichen und Ressentiments abbauen können. Wir müssen uns nach wie vor um die Zukunftsängste und die Entwicklung in Ost wie West sorgen. Das Schöne jedoch ist, dass wir heute gemeinsam daran arbeiten dürfen, uns über Ideen streiten können und die beste Lösung finden. Statt zu jammern, sollten wir dankbar sein für diese Chance und öfter über den Tellerrand gucken. Jede Region hat ihre Vorteile und wir sollten sie uns zu Nutze machen.

Krippenkinder beim Essen in Kramsdorf

Die Wende darf für uns noch immer Ansporn und Inspiration sein, unabhängig von dem, was noch im Argen liegt. Gerade für westdeutsche Frauen lohnt sich ein Blick auf ihre Altersgenossinen, die aus Ostdeutschland stammen. Wie Die Zeit so schön feststellte, fällt es diesen nämlich leichter ihre Karriere zu planen und Vereinbarkeit zu leben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die erste Bundeskanzlerin, die wir haben, in der DDR sozialisiert wurde. Vielleicht sollten wir Westdeutsche uns einmal ansehen was die ostdeutschen Frauen anders machen und uns ein paar Ideen holen. Eine belustigende Anregung lieferte Mirna Funk letztes Jahr im Freitag, als sie über Barbie-Feministinnen herzog. Funk schreibt: Es gab ein Land, in dem die Gleichstellung von Mann und Frau ernsthaft gelebt wurde.

Arbeiterinnen im Teppichwerk Nord-Malchow

Sagen wir mal so: die Gleichberechtigung wurde in der DDR zumindest angestrebt. Arbeitende Frauen galten als normal und Kinder gehörten dennoch dazu. Als Rabenmutter musste man sich deshalb nicht fühlen und der Geburtenquote schadete das ebenfalls nicht. So wurden in der DDR in den 70ern und 80ern mehr Kinder geboren, als in der BRD. Eine Unterscheidung, ob diese Kinder ehelich oder nichtehelich waren, wurde dabei nicht getroffen. Sie waren da und wurden betreut. Punkt. Dafür gab es Kitas und Horte in verlässlicher Anzahl und nicht nur das Recht darauf, sich einen fiktiven Platz einklagen zu können. Wer heute, wie ich, in Berlin lebt, kann von dieser Infrastruktur profitieren. Und überhaupt gilt noch heute, wenn man einem Artikel der Süddeutschen Zeitung glauben schenken darf: Ostdeutsche Frauen arbeiten mehr. Einige der Erfolgsgeschichten kann man hier nachlesen.

Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt, aber es geht auch nicht darum ein System zu kopieren, sondern darum sich Anregungen zu holen. Die Mehrfachbelastung über die Frauen heute oft klagen, wurden zum Teil auch in der DDR bemängelt. Aber daran können wir ja heute arbeiten und nach einem erfolgreichen Tag den Mann kochen lassen. Es soll Exemplare geben, die das ganz hervorragend beherrschen.

 

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